Mittwoch, 31. Juli 2013

Reaparición

Nicht daß es 2013 bislang nichts zu kommentieren gegeben hätte...
Allerdings konnte ich mich heuer nicht so intensiv dem Mundo Taurino widmen, wie sonst.
Hier also recht wahllos einige Themen, die mich beschäftigen:

- "La Crisis", ja es gibt momentan eine große Krise in der Welt der Corrida. Die Wirtschaft liegt darnieder, die Menschen haben andere Nöte und Sorgen, als sich dem Müßiggang und der (kostspieligen) Freizeit zu widmen.
Es gibt sehr wenige Corridas und fast keine Novilladas. Diejenigen Empresarios, die Festejos veranstalten, gehen auf Nummer Sicher und verpflichten die immergleichen Figuras. Dramatisch...und auch langweilig!
Daran wird sich im schlimmsten Falle so schnell nichts ändern. Und wenn ich so in die Taurinolandschaft blicke, sehe ich wenige engagierte Persönlichkeiten.
Ich denke aber auch, daß die momentane Reduktion durchaus auch gesunde Nebeneffekte haben kann.
Um weiter ein Massenspektakel zu bleiben (und JA! "Los Toros" sind nach wie vor das zweitgrößte Ereignis nach König Fußball), muß mit massivem und professionellem Marketing vorgegangen werden. Das kostet natürlich Geld und damit ist es für die alte Riege der Empresarios auch wieder gestorben...
Andererseits könnte die Corrida auch ein weniger publikumsträchtiges Nischendasein führen.
Die spanischen Massenmedien ignorieren sie ja schon lange und dennoch waren die Plazas bis vor kurzem voll und es wurden jährlich Rekorde an veranstalteten Corridas gebrochen.
Daß auch ein über alle Maße hinaureichendes Engagement einer Máxima Figura, wie José Tomás in Barcelona gegen einen übermächtigen Schraubstock aus Nationalismus und Dummheit nicht ausreicht, ist leider bewiesen.
Nun hat Barcelona und dieses "Catalunya" damit zu leben, daß am Paseo de la Marina ein "monumentales" Monument für die wahre "Vergüenza Nacional" (nämlich das Verbot einer Kunstform, mitten in einer autonomen, demokratischen Region Europas) steht: Die Plaza de Toros Monumental.
Ich habe die Hoffnung für BCN, Donostia und Burgos nicht aufgegeben. Und so lange dumpfer Nationalismus wichtiger ist, als Millioneneinnahmen aus Corridas, kann´s ja noch nicht ganz so schlimm sein.

- Kleines Ärgernis am Rande: ein dpa-Artikel vom 5. Juni, in dem sich ein nicht genannter Journalist mal wieder um Kopf und Kragen schreibt. "Totgesagte Corridas leben auf" lautet die sinnfreie Schlagzeile. "Im vergangenen Jahr hatten nach Angaben der Regierung noch 2000 Corridas stattgefunden - rund 12,8 Prozent weniger als 2012..." Aha! Zuschauerzahlen seien rückläufig etc. Aber warum? Bestimmt nicht aus Tierschutzgründen. Da war doch was...? Genau: die Krise. Hat der Journalist irgendwie vergessen. Nach einem Volksbegehren mit über 600 000 Unterschriften, soll die Corrida nun zum "Nationalen Kulturerbe" erklärt werden. Recht so! Vom wem und wann die Corridas "totgesagt" wurden, verschweigt uns der Autor.
(Noch weiter am Rande: "No hay más entradas" ("Es gibt keine Karten mehr"), soll laut Autor am Schalter von Las Ventas gestanden haben. Ich wette eine "Barrera Sombra" in Madrid das das nicht stimmt. "No hay billetes" heißt das, und nicht anders!)

- Habe angefangen die Biographie von Enrique Ponce, von Andrés Amorós zu lesen. Ein Bestseller.
Interessant, sich nach längerer Zeit mal wieder mit Ponce zu beschäftigen. Ich mochte ihn vor vielen Jahren sehr, und irgendwann sogar sehr sehr.
Er war der erste Torero, von dem ich erstmals bewußt "gutes Toreo" gesehen habe: 1995 in La Línea de la Concepción, 2 Orejas y Rabo. Er hat mich in Málaga 2002 und 2003 zu Tränen gerührt.
Ich mochte seine ganze, immergleiche Entourage, die Cuadrílla (damals mit Jean Marie Bourret, einem der besten Banderilleros), Juan Ruíz Palomares, seinen Schwiegervater Victoriano Valencia, den schlitzohrigen Mozo de Espadas Franklin Gutiérrez etc. "Circus Ponce" kommt in die Stadt!
Er war ein perfekter Matador, über 2000 (!) Corridas auf dem Buckel, alles erreicht. Und dennoch kenne ich wenige Aficionados, die mit wahrer Begeisterung, Leidenschaft und Nostalgie über Ponce sprechen. Er hat die höchste Anerkennung, nur fehlte ihm immer jegliche Kante.
Das Buch könnte subjektiver nicht sein. Im Vorwort schon verteilt Amorós Seitenhiebe: Ponce sei mit allen Kollegen aufgetreten, hätte sich nie gegen Fernsehübertragungen gewehrt etc. Spitzen gegen Joselito und José Tomás. Dies allerdings zwei Matadores, die jedem Aficionado die Tränen in die Augen treiben.
Ponce hat viele Faenas mit der Estocada ruiniert. Im Buch zählt er immer wieder auf, wiveiele Ohren un Rabos er hätte in Madrid, Mexico usw. bekommen können. Geschnitten hat er aber mehr als genug und sie alle ehrenhaft verdient!

- Meine bislang einzige Corrida dieses Jahr war am 23.6. in Algeciras. Tolle Plaza, mitten im Feriagelände auf einer Anhöhe mit imposanter Treppe, die hinauf zur Puerta Grande führt.
Wunderbares Cartel mit "Morante de la Puebla", "Manzanares", Alejandro Talavante.
"Morante" bekam in seinem 2. (also 4. Stier der Corrida) eine gigantische Bronca. Die Plaza tobte. Er ließ sich mitten im Ruedo von einem Banderillero den Estoque reichen und ging langsam zur Barrera. Ca. 10 Meter davor blieb er stehen, hielt kurz inne und schaute langsam einmal von links nach rechts in´s Tendido. Nickte kaum merkbar und ging weiter. Beeindruckend. Normalerweise geht ein Matador bei der Bronca gesenkten Hauptes zur Bande. "Morante" stellte sich jedoch dem Volkszorn. Auch dafür braucht man Cojones.
"Manzanares" bekam 2 Ohren, war schön, aber berührte mich kaum. Seltsame Corrida - für mich zumindest. Ich habe fast das Gefühl, also ob mir einzelne Corridas "zu wenig" sind. Kann es schwer erklären... Ich glaube, ich brauche etwas, um mich wieder auf das Ereignis "einzuschwingen".
Deshalb evtl. im Oktober nach Madrid zur Feria de Otono. 5 Corridas in Folge.

- Habe von einem Freund den Link zu einem englischen Stierkampfblog bekommen:
 http://fiskeharrison.wordpress.com/
Sehr interessant, das Buch muß ich mir bald besorgen.
Aber: Es ist schon seltsam, wie Menschen, die über die Toros schreiben, ganz schnell in ein "hemingwayeskes" Schwadronieren verfallen! Auch Herr Fiske Harrison.
2 Jahre hat der Autor (2008 - 2010) in Sevilla verbracht und recherchiert und schon ist er der große Experte. Er war Gast bei den Domecqs, ist deren Sitznachbar in der Barrera der Maestranza, sein "old friend Juan José Padílla", sein "Maestro Eduardo Dávila Miura" (Enkel des Züchters der "Todesstiere") blablabla.
Nebenher verdient Dávila Miura übrigens seit seiner Retirada sein Geld damit, daß er Touristen gegen Bares Stierkampfunterricht gibt. Bezahlt ihn und er wird auch Euer "Maestro" sein.
Bitte nicht falsch verstehen! Der Blog ist toll, und seine philosophischen und gut verständlichen Texte zur Ethik und Kunst sind sehr gut.
Oft gefällt er sich aber in der Rolle des mit allen Wassern gewaschenen Aficionados. Ja, er hat schon mit Stieren gekäpft, hat schon einen getötet, rannte in Pamplona im Encierro mit (im rot-weiß gestreiften Sakko!?) etc. Gerne lässt er sich mit Zigarette oder Degen oder Whiskyflask ablichten.

Was mir wirklich mißfällt ist seine Analyse einer Corrida der Feria de Abril in Sevilla mit "Manzanares" und Talavante im Cartel. "Manzanares" war numerisch überlegen, Talavante hatte schlechte Stiere.
Fiske Harrison stellt beide Matadores (in bester "Death in the Afternoon" - Manier) auf Fotos einander gegenüber, um deren Stil zu vergleichen.
 Es behauptet, Talavante fehle "das gewisse Etwas" - und dies könne man auf dem Bild eines Derechazo in Sevilla erkennen. Gleichzeitig lobt er José Tomás (den er 2008 -2010 nicht oft gesehen haben kann) als den Torero schlechthin. (Bezeichnet aber an mehreren Stellen "my friend Cayetano Ordónez" als den bekanntesten Matador. Immerhin hat der ihn in Sevilla am Flughafen abgeholt und nach Ronda gefahren. That´s what friends are for.)
Neinneinnein! Talavante hat "es" allemal. Der wunderbare "Manzanares" ist hingegen ein Matador, der sehr einstudiert - aber hervorragend - kämpft.
Gerade Talavante ist ein direkter Nachkomme der post-JT Generation. Nicht zuletzt durch seinen Entdecker und Mentor Antonio Corbacho.

So, und hier schließt sich leider der Kreis. Antonio Corbacho ist heute mit nur 62 Jahren einem langen Krebleiden erlegen.
Zuletzt sah ich ihn im Juni 2012 im Patio de Caballos von Las Ventas. Minuten zuvor hatte sein ehemaliger Schützling (dem er die härteste Schule des Toreo verpasst hat) mit 2 Orejas die Puerta Grande auf den Schultern der Menge durchquert.

Que descanse en paz!

PS: Hier ein ganz wunderbarer Nachruf auf  Antonio Corbacho von Anya Bartels-Suermondt
http://www.zabaladelaserna.com/SalidasASP/publicaciones.asp?Seccion=6&subSeccion=7&Numerador=1724&Viene=S